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Rund um Petticoats – Der Lolita-Petticoat

Zweiter Teil der Reihe Rund um Petticoats handelt über den spezifischen Lolita-Petticoat und wie es sich von anderen Petticoat-Typen unterscheidet.

In der westlichen Welt sind Petticoats kein Kleidungsstück, was erst seit vorgestern gibt. Sie dabei auf eine lange Vergangenheit zurück. Angefangen hat es im 16. Jahrhundert als spanische Verdugado. Es ist eine Form des Reifrockes, der später unter Elizabeth I. als breit ovale Vertugadin bekannt ist.
Im 18. Jahrhundert kam dann der Rock als Panier auf dem französischen Hof zur Mode und prägte den Look des Rokokos. In der bürgerlichen Bevölkerung war aber eher der Cul de Paris im Gebrauch. Bekannt sind diese Unterröcke vor allem bei der Robe à la Polonaise oder Robe à l’Anglaise. Zum 19. Jahrhunderte kehrte der Reifrock als Krinoline in die Modewelt zurück, die später von der Tornüre ersetzt wurde und damit die viktorianische Mode prägte. Damit endete auch mehr oder weniger die breite Verwendung von Reifröcken. Stattdessen wurde in den 50er und 60er der Petticoat, wie wir ihn am ehestens kennen, erfunden und  getragen.

Noch heute werden Petticoats getragen, aber nicht in der Alltagsmode bzw. im “Mainstream” sondern für bestimmte Outfits oder Kostüme, somit auch für die Lolita-Mode. Im deutschen Raum gibt es sogenannte Karnevalspetticoats und Rockabilly bzw. Square Dance Petticoats, die man neben einem ausgewiesenen Lolita-Petticoat kaufen kann.

Karnevalspetticoat
Von diesen Petticoats rate ich dringend ab! Man kann es auf drei Punkte herunter brechen, warum diese Sorte Petticoat für Lolita-Kleider ungeeignet ist.

#1 Falsche Länge (meist viel zu kurz)
#2 Falsches Volumen (meist viel zu wenig)
#3 Nicht als Unterrock gedacht

Von diesen drei Punkten gibt es auch Mischungen. Aber wenn eins davon zutrifft, dann bitte sofort die Finger davon lassen. Generell kann man leicht erkennen, warum diese hier nicht funktionieren. Bedenkt man einfach, für welche Outfits diese Unterröcke gedacht sind; Nämlich für Funkenmariechen, Kostüme, die kurzweilig günstig einen Look kreieren sollen, oder Outfits, die wenig Volumen brauchen.

Rockabilly bzw. Square Dance Petticoat

Dieser Petticoat kommt am ehestens unseren Lolita-Petticoats hierzulande ran, aber nur für die, die eine A-Linie Form bringen sollen.
Beide Kleider haben eine A-Linie als Rockform, links ist ein Lolita- und rechts ein Rockabilly Kleid. Auf dem ersten oder ungeübten Blick erkennt man keine wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Röcken. Aber den Unterschied gibt es, der auf den Einsatz von verschiedenen Petticoats beruht.
#1 Länge: Bei Lolita sind sichtbare Petticoats verpönt, man sollte sie im Normalfall nicht sehen können. Dagegen ist bei Rockabilly das Hervorblitzen des Unterrocks, vor allem beim Tanzen, erwünscht und gilt als geliebtes Detail an den Kleidern. Öfter sind deren Kleider auch ein Tick länger als bei Lolita. Daher sind Rockabilly Petticoats generell zu lang für Lolita.
2# Volumen: Auf den Vergleichsbildern kann man es bereits erahnen. Ein Rockabilly Unterrock hat mehr Volumen, was auch für R.-Outfits nötig ist. Das kann man einfach anhand des Schnittmusters erklären. R.-Kleider verwenden für ihre Röcke meist Tellerröcke als Grundform. Wie der Name schon andeutet, ist die Form des Rockes, wenn komplett flach ausgebreitet, die eines rundes Tellers, also ein voller Kreis. Damit ist der Rocksaum gut und gerne 4 m lang (bei einem Taillenumfang von 60 cm und Rocklänge von 50 cm). Um einen solchen Rock schön aufzufalten, braucht man dieses Volumen.
Dagegen basieren Lolita-Röcke auf einen gerafften Rechteck oder gerundete Stoffkeile, die einen Saum von 2-3 m bringen. Das ist nahezu die Hälfte von einem R.-Rock. Würde man einen R.-Petticoat unter einem L.-Rock tragen wollen, würde das Volumen einfach die mögliche Weite des Rockes sprengen.
3# Form: R.-Petticoats funktionieren wie oben erwähnt, nur für A-Linie Kleider. In der Lolita-Welt sind aber Kleider mit Glockenform, die am meisten getragen werden. Es gibt zwar einen Graubereich, wo zwischen A- und Glockenformkleider nur minimale Unterschiede da sind, aber ein A-Linie Petticoat wird nie zufriedenstellend einen Glockenrock füllen können.
Den Unterschied zwischen Glockenform und A-Linie habe ich bereits in einem anderen Serienteil erklärt (Link unten).
Lolita-Petticoat
Ich fasse hier zusammen, was ein L.-Petticoat alles erfüllen muss, um gescheit Lolita tragen zu können.
#1 Länge ist kürzer als die Rocklänge (Faustregel: 5 cm abziehen). In der Regel pendelt es sich meist zwischen 45-50 cm ein.
#2 Volumen sollte für Rockweiten von 2-3 m konzipiert sein.
#3 Form des Rockes sollte beim Darunter Tragen glockenartig sein. Für A-Linie Kleider braucht man aber dann ein separater Petticoat.
Es soll jetzt nicht heißen, dass es nicht mit einem Square Dance oder sogar einem Karnevalspetticoat funktionieren kann. Manchmal gibt es gute Glücksgriffe, wenn man auf die genannten Punkte beim Kauf achtet. Das ist aber manchmal ziemlich schwer, all dies allein abschätzen zu müssen. Vor allem “#3 die Form” ist sehr tricky einzuschätzen.
Bevor man also Fehlkäufe tätigt, ist man auf der sicheren Seite Lolita-Petticoats bei anerkannten Herstellern zu kaufen. Denn schließlich wollen wir nur eins: Eine wunderschöne Lolita-Silhouette!

Text-Quellen (SdI 28.11.2015):
http://www.fashionintime.org/history-womens-hooped-petticoats/ 
http://www.lorkande.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Reifrock
https://de.wikipedia.org/wiki/Petticoat 
http://vintagedancer.com/1950s/1950s-petticoat-history/

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